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Das Paket

Jenny hat zwei Tagebücher geführt, ein "dienstliches", das sogenannte persönliche Logbuch, das sie führen musste. Dieses wurde auch von Vorgesetzten kontrolliert. Darüber hinaus hat Jenny ein privates Tagebuch geführt. Über dieses hat sie vor ihrem Tod auch mit ihrer Mutter gesprochen. Die hierin niedergeschriebenen Punkte waren sicher nicht für die Vorgesetzten gedacht. Daher wird Jenny dieses Tagebuch im Wertfach ihres Bordspinds aufbewahrt haben, da keine andere Stelle an Bord nur für sie alleine zugänglich war.

 

Der große Bordspind wurde am 05.09.2008 in Wilhelmshaven im Beisein der Staatsanwaltschaft geleert, und es wurde eine Aufstellung der Gegenstände angefertigt. Nicht aber das Wertfach. Die Gegenstände aus dem großen Spind, sofern nicht Bundeswehr-Eigentum, wurden uns bereits vor dem Auffinden von Jennys Leichnam nach Hause gebracht.

 

Über den damaligen Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Herrn Hellmut Königshaus, haben wir schließlich erfahren, dass das Wertfach auf See (auf der Fahrt von Wilhelmshaven nach Dublin) geöffnet worden ist. Die Beauftragte Angelegenheiten für Hinterbliebene des BMVg, Frau Bruns, hat auf unsere Bitte recherchiert und in Erfahrung gebracht, dass es ein Fax gegeben haben soll, welches die Öffnung auf See veranlasst hat. Leider ist nicht in Erfahrung zu bringen, wer dieses (angebliche) Fax geschickt hat. War es die Staatsanwaltschaft, so muss gefragt werden, warum man nicht bis Dublin warten konnte, denn da ist die Staatsanwaltschaft wieder an Bord gekommen und warum es nicht Bestandteil der Ermittlungsakte ist. War es die Bundeswehr, dann muss gefragt werden, wer diese dazu authorisiert hat, wenn das Ermittlungsverfahren doch gerade erst aufgenommen worden ist.

 

Laut Aussage der Bundeswehr wurden die privaten Gegenstände aus dem Wertfach in ein Paket gepackt und uns als Eltern zugeschickt. Leider ist es ab er bis heute nicht angekommen. Unsere Nachfrage beim BMVg nach einer irgendwo dokumentierten Absendebestätigung für die Sendung verlief ebenfalls ergebnislos. Es sind (angeblich) keine diesbezüglichen Aufzeichnungen mehr zu finden.

 

Weiterhin muss gefragt werden, warum die Staatsanwaltschaft das Fach nicht bereits in Wilhelmshaven geleert hat, wenn alle anderen Gegenstände doch bereits dem großen Spind entnommen worden sind.

 

Das macht alles keinen wirklich kongruenten Sinn!

 

Setzt man allerdings voraus, dass in der Ereignisnacht etwas geschehen ist, an dem andere Besatzungsmitglieder beteiligt waren und setzt man weiter voraus, dass es nicht unbekannt geblieben ist, dass Jenny ein zweites, privates Tagebuch geführt hat, dann kann man sich leicht vorstellen, dass in diesem brisante Informationen zu finden sein dürften. Somit hatte man dann auch eine Motivation, dieses möglichst ohne Anwesenheit der Staatsanwaltschaft, d. h. vor dem Eintreffen in Dublin, aufzufinden. Weiterhin ist dann auch verständlich, warum die besagte Postsendung bis dato nicht bei uns angekommen ist!

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